Inspiriert von der erblühenden Natur rings um uns… was liegt näher als einfach mal innezuhalten und uns von dieser Schönheit berühren zu lassen? Allein eine einzelne Blüte lädt uns ein für einige Momente zu verweilen, um uns an ihrem anmutigen Anblick zu erfreuen. Und so wie die Blütenblätter geöffnet sind, um die Besuche der Bienen und anderer Insekten einzuladen, so dürfen sich auch unsere Herzen öffnen für die Begegnung mit anderen und die Begegnung mit uns selbst.
Aber nehmen wir uns tatsächlich die Zeit für diese Begegnungen und für die Schönheit des Augenblicks? Ich weiß noch, dass ich in früheren Jahren manchmal festgestellt habe, dass der Frühling einfach so an mir vorüber gezogen ist… irgendwie schien ich zu beschäftigt gewesen zu sein, um wahrzunehmen, dass es noch ein Leben außerhalb des sich drehenden Alltags gab. Es scheint so normal zu sein, dass die Jahreszeiten kommen und so schnell wieder vergehen. So schnell, dass wir die Geschenke des Moments gar nicht greifen können, wenn wir zu eingebunden in den Erfordernissen des Alltags sind. Wir bleiben einfach gewohnheitsmäßig in unseren Strukturen, denn es gibt ja so viel, was es zu organisieren gilt und worüber man sich Gedanken machen muss.
Ein Ausweg ist so nicht in Sicht, denn es scheint nur zwei Extreme zu geben: Entweder den Terminkalender wegzuschmeißen und sorglos in den Tag hinein zu leben oder aber alles möglichst zeiteffizient durchzuplanen und dafür zu sorgen, dass alles funktioniert. Der erste Weg führt zu Lethargie und Chaos und der zweite Weg zu Nervosität und Unzufriedenheit – beides nicht wünschenswert. Welche Möglichkeit gibt es denn aber noch, die uns wieder mehr Raum zum Wahrnehmen der schönen Dinge des Lebens eröffnet? Wie können wir den goldenen Mittelweg zwischen den beiden Extremen finden? Das Leben besteht aus vielen einzelnen Momenten. Die Schönheit ist da. Es ist nur unsere innere Haltung, die entscheidet, wie wir die Momente erleben und auch, welche Momente wir uns erschaffen.
Doch wodurch entsteht die Möglichkeit, im Jetzt präsent zu sein? Um uns dieser Kunst anzunähern, ist es wichtig zu schauen, was das Bedürfnis ist: Nach meinem Empfinden ist es zum einen mehr innere Ruhe und zum anderen mehr Zeit. Die Zeit ist ja ein sehr subjektives Phänomen. Das kennen wir alle: dass uns Zeit manchmal sehr lang und manchmal sehr kurz erscheint. Ich mag das Sprichwort: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“ Vielleicht möchten Sie das einmal ausprobieren. Nehmen Sie sich die Zeit, um in sich hinein zu spüren: Möglicherweise gibt es da ein tiefes Bedürfnis mal gaaanz langsam zu gehen. Es ist wirklich eine besondere Erfahrung, welche Ruhe und welche lang ersehnte Erleichterung sich da einstellen können. Und das Essentielle: So können wir auch in die innere Verbindung mit uns selbst kommen. Und nur die innere Verbindung – dass wir uns selbst wieder mehr spüren – ermöglicht es dann auch, uns mit dem Außen zu verbinden, mit unseren Liebsten, mit unseren Mitmenschen, mit der Natur. Eine Verbindung nach innen und außen, die uns tiefe Erfüllung bringen kann. Und in dieser Ruhe und der Verbindung mit uns selbst fühlen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Wir spüren, die goldene Mitte ist ein Loslassen von denjenigen Gedanken, die uns nur im Hamsterrad halten wollen und die auf den nutzlosen Versuch ausgerichtet sind etwas im Leben kontrollieren zu wollen. Die goldene Mitte ist: Nicht sorglos, sondern sorgenfrei. Nicht entweder tun oder sein, sondern zu sein während man tut. Nicht rasen, sondern ruhen. Im Langsamgehen, d.h. im bewussten, ruhigen Tun wird aus den Extremen, die vorher unvereinbar zu sein schienen, nun ein Ganzes: Die Dinge werden in Ruhe erledigt und dabei fühlt man sich entspannt – und hat paradoxerweise sogar das subjektive Empfinden von mehr Zeit.
Währenddessen ich arbeite, im Zustand innerer Ruhe, schweift mein Blick langsam über das blaue Blütenmeer der Vergissmeinnicht… und ich freue mich.